Muladhara – Die Wurzel unseres Seins
- freiburghausnora3
- 7. Nov.
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Das Muladhara-Chakra, auch Wurzelchakra genannt, ist das erste der sieben Hauptchakras im tantrischen Yoga-System. Es befindet sich am unteren Ende der Wirbelsäule, im Bereich des Beckenbodens. Der Sanskrit-Name setzt sich aus Mula (Wurzel) und Adhara (Stütze) zusammen – es ist das energetische Fundament, auf dem unser gesamtes System ruht.
Element, Farbe, Sinnesorgan und Symbolik
Dem Muladhara-Chakra ist das Element Erde zugeordnet – es steht für Stabilität, Festigkeit und die Fähigkeit, sich sicher in der Welt zu verankern. Die zugeordnete Farbe ist ein tiefes, sattes Rot – Symbol für Lebenskraft, Wärme und Verwurzelung. Auch der Montag wird diesem Chakra traditionell zugeordnet, als Tag des Neubeginns, der Rückverbindung und der inneren Sammlung.
Dem Chakra ist der Geruchssinn zugeordnet – der ursprünglichste aller Sinne. Er verbindet uns instinktiv mit unserer Umgebung und spielt eine zentrale Rolle für Orientierung, Sicherheit und das emotionale Gedächtnis. Die Nase als zugeordnetes Organ steht für die Fähigkeit, die Welt sinnlich und intuitiv zu erfassen.
Das Chakrasymbol zeigt einen roten, vierblättrigen Lotus mit einem Quadrat und einem nach unten gerichteten Dreieck – Sinnbilder für Struktur, Erdanziehung und die Verbindung zur materiellen Welt.
Psychologische Dimension nach Shai Tubali
Shai Tubali beschreibt das Muladhara als das Chakra der „Erschaffer:innen“. Menschen mit einem stark ausgeprägten Wurzelchakra streben nach Sicherheit, Ordnung und Zugehörigkeit. Sie lieben Routinen, Traditionen und ein stabiles Umfeld. Ihre Stärke liegt in der Geduld, der Fähigkeit zur langfristigen Planung und dem tiefen Bedürfnis, die Welt zu verstehen und zu strukturieren. Diese Persönlichkeitsstruktur ist oft mit dem Kapha-Dosha verbunden – ruhig, beständig, aber bei Ungleichgewicht auch träge oder melancholisch.
Spirituelle Bedeutung
Das Muladhara-Chakra ist das energetische Zentrum, das uns als Wesen an die Erde bindet. Es ist der Ort, an dem wir unsere physische Existenz verankern, wo wir lernen, mit unserem Körper zu leben und ihn zu ehren. In der yogischen Philosophie ruht hier die Kundalini – eine potenzielle spirituelle Kraft, dargestellt als zusammengerollte Schlange. Erst wenn das Wurzelchakra stabil ist, kann diese Energie sicher aufsteigen. Spirituelles Wachstum beginnt nicht im Abheben, sondern im tiefen Verwurzeltsein.
Entwicklungsphase
Das Muladhara-Chakra ist besonders aktiv in den ersten sieben Lebensjahren. In dieser Phase entwickeln wir grundlegendes Urvertrauen, das Gefühl von Sicherheit und die Fähigkeit, mit unserer physischen Umgebung in Beziehung zu treten. Erfahrungen aus dieser Zeit prägen unser späteres Bindungsverhalten, unsere Körperwahrnehmung und die Fähigkeit, uns selbst zu regulieren. Ein stabiles Muladhara in der Kindheit legt den Grundstein für Resilienz und Selbstvertrauen im Erwachsenenleben.
Zeichen von Ungleichgewicht
Ein blockiertes Muladhara kann sich in Ängsten, Unsicherheit, Rastlosigkeit oder körperlichen Beschwerden im unteren Rücken und Beckenbereich zeigen. Ein überaktives Chakra kann zu Starrheit, Kontrollbedürfnis oder übermässigem Festhalten an materiellen Dingen führen. Die
Balance dieses Chakras ist entscheidend für das gesamte Energiesystem.
Körperliche Praxis zur Aktivierung
Zwei besonders wirkungsvolle Körperhaltungen zur Aktivierung des Muladhara-Chakras sind:
Malasana (Yogahocke): Bringt den Körper in unmittelbare Nähe zur Erde, öffnet den Beckenraum und fördert das Gefühl von Verwurzelung und Sicherheit.
Setu Bandhasana (Schulterbrücke): Aktiviert den Beckenboden, stabilisiert das Nervensystem und verbindet Aufrichtung mit Erdung.
Zur Harmonisierung eignen sich zudem:
Gehmeditation oder Barfusslaufen in der Natur
Visualisierungen von Wurzeln, die tief in die Erde reichen
Atemübungen mit Fokus auf den Beckenboden
Rezitation des Bija-Mantras LAM
Die Praxis von Mūlabandha – dem subtilen Anheben des Beckenbodens – wirkt direkt auf das Muladhara-Chakra. Sie stärkt die energetische Basis, fördert die Wahrnehmung des Wurzelraums und unterstützt die Sammlung und Zentrierung der Lebensenergie.
Persönliche Erfahrung – Erdung in Bewegung
Ich habe selbst vor allem am Muladhara-Chakra gearbeitet, wenn mein Vata hoch war. In solchen Phasen fühlte ich mich innerlich aufgewirbelt, unruhig, körperlich kaum verankert. Ein einfaches, aber tiefgreifendes Beispiel ist meine Beziehung zum Autofahren: Über längere Zeit bin ich nicht mehr gefahren, weil ich unter Panikattacken litt. Angst und Panik lassen sich dem Vata-Prinzip zuordnen – den Elementen Luft und Äther. Es fehlt an Boden, an Halt, an innerer Schwere.
Mit gezielten Übungen, die das Muladhara-Chakra ansprechen, gelingt es mir heute immer mehr, wieder Auto zu fahren. Vor dem Losfahren nehme ich mir bewusst Zeit: Ich spüre meine Füsse, aktiviere den Beckenboden, atme tief in den Bauch. Sobald im Auto Anspannung aufkommt, kontrahiere ich den Beckenboden erneut und verbinde mich mit dem Atem. Oft stellt sich rasch ein Gefühl von Vertrauen ein – als würde sich mein inneres Fundament wieder festigen.
Unterstützt wurde ich dabei auch von einem Mental Coach, der mir geholfen hat, mich Schritt für Schritt wieder an das Autofahren heranzutasten. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie kraftvoll die Arbeit mit dem Wurzelchakra sein kann – nicht nur auf der Matte, sondern mitten im Leben.
Ich habe gelernt, dass Erdung nicht nur ein Konzept ist, sondern ein fühlbarer Zustand – ein inneres Zuhause, das ich jederzeit betreten kann.
Fazit
Das Muladhara-Chakra ist mehr als ein energetisches Zentrum – es ist ein innerer Ort der Rückverbindung. Es erinnert uns daran, dass Sicherheit nicht nur äusserlich, sondern auch innerlich entsteht. In der Stille des Beckenraums, in der Nähe zur Erde, beginnt die Reise zu uns selbst. Es ist das Chakra, das uns als Wesen an die Erde bindet – an die Rhythmen des Lebens, an die Kraft der Materie und an die tiefe Weisheit des Körpers.




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